Vor den letzten Bundestagstagswahlen sah Herles, Leiter des ZDF-Kulturmagazins „aspekte“, „es an der Zeit, nicht nur die Regierung einer Revision zu unterziehen, sondern das gesamte politische System und die politische Klasse“ (11). Unterfüttert ist diese Bestandsaufnahme mit Befunden aus neueren Arbeiten u. a. von Dahrendorf, Nolte, Beck, Galbraith, Sennett sowie aus den Studien über Meinungen und Vorurteile von Heitmeyer. Nach einer Schelte der Deutschen, die gerne die bequemste Staatsform hätten, setzt sich Herles mit „der Verkümmerung der demokratischen Substanz von Politik“ auseinander. Eine der Konsequenzen sei, dass nicht mehr versucht werde, „die Bürger substanziell mit der Komplexität politischer Entscheidungen vertraut zu machen“ (91). Außerdem hätten sich die Parteien seit Jahrzehnten nicht weiterentwickelt, die großen Unterschiede seien nicht mehr zwischen SPD und CDU zu suchen. „In Wahrheit gibt es zwei große Volksparteien in Deutschland, die auf keinem Wahlzettel stehen: die Partei der Modernisierer und die Partei der Bewahrer“ (102). Nach dem Auftauchen der WASG und ihrer Zusammenarbeit mit der PDS befürchtet Herles das seiner Ansicht nach denkbar schlimmste Wahlergebnis: eine große Koalition und damit die „Zementierung der lauen Kompromiss-Politik“ und den „endgültigen Ruin dieser Demokratie“ (103). Herles selbst positioniert sich auf den ersten Blick nicht politisch und kritisiert die Politiker aller Parteien. Auffällig ist jedoch, dass er die Möglichkeiten der direkten Demokratie nicht diskutiert. Als Fazit aus dem von ihm festgestellten politischen Elend fordert er, dass kein Politiker länger als zwei Legislaturperioden in einem Amt bleiben dürfe und außerdem eine Föderalismusreform durchzuführen sei.