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/ 20.06.2013
Paul Kirchhof

Das Maß der Gerechtigkeit. Bringt unser Land wieder ins Gleichgewicht!

München: Droemer 2009; 432 S.; geb., 19,95 €; ISBN 978-3-426-27479-8
Die Republik ist nach Kirchhofs Befund aus dem Gleichgewicht geraten. Das gilt für Politik, Wirtschaft und Gesellschaft gleichermaßen. Auf diese Feststellung hin entwickelt der ehemalige Verfassungsrichter in einem großen historischen Bogen seine rechtsphilosophische Sicht der Gerechtigkeit. Demnach ist Gerechtigkeit ein Auftrag „an jeden einzelnen Menschen, seine Einsichtsfähigkeit, seine Selbstlosigkeit“ (28) im Sinne einer „sokratischen Jedermannstugend.“ (28) Aus diesem Ideal, das in Zeiten der Globalisierung anachronistisch klingt, entwickelt Kirchhof pragmatische Gerechtigkeitsanforderungen. Dazu gehören die „Stärkung der Verantwortlichkeit als Wirtschaftlichkeitsprinzip“ (219) und die Freiheit, einerseits „die Staatsgewalt in ihre Schranken“ (132) zu weisen, andererseits Verantwortung für Schwächere zu übernehmen. Kirchhofs Plädoyer für Gerechtigkeit und ein neues Gleichgewicht im Land setzt auf konservative Werte, „eine Kultur des Maßes“ (11) und eine „Gerechtigkeit in der Generationenfolge, in sozialen Sicherungssystemen, in Maßstäben des Umweltschutzes, in der Verpflichtung auf ein gesamtwirtschaftliches Gleichgewicht“ (373). In Maßlosigkeit und „Maßstablosigkeit“ (11) sieht Kirchhof große Gefahren für die Balance der Gesellschaft. Das gilt nicht nur für die internationale Gewinnmaximierung durch Spekulation, sondern auch für die nationalstaatliche Verschuldung. „Der Kampf des Rechts gegen die Verschuldung, für den Schutz der nächsten Generation, für die Stabilität des Geldeigentums und gegen Inflation und Währungsreform ist hochaktuell“ (371), bemerkt Kirchhof kritisch. Sein Fazit: „Die Marktwirtschaft erfüllt ihren Auftrag, ‚sozial’ zu sein, wenn sie alle Menschen in Deutschland mit den benötigten Gütern versorgt, jeden Arbeitswilligen an den Einkommensströmen beteiligt, einen Mehrwert erwirtschaftet, der durch Steuern maßvoll abgeschöpft und den Kranken, Arbeitslosen und Schwachen zugewiesen werden kann“. (310) Gerechtigkeit nimmt die Starken in die moralische Pflicht, sozial verantwortlich zu sein, erlaubt aber auch die Freiheit, zu erneuern, zu gestalten und sich zu entfalten.
Armin König (AK)
Dr., Verwaltungswissenschaftler, Bürgermeister der Gemeinde Illingen, Dozent Fachhochschule für Verwaltung (FHSV) des Saarlandes.
Rubrizierung: 2.35.41 Empfohlene Zitierweise: Armin König, Rezension zu: Paul Kirchhof: Das Maß der Gerechtigkeit. München: 2009, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/21905-das-mass-der-gerechtigkeit_37352, veröffentlicht am 13.10.2009. Buch-Nr.: 37352 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken
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