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/ 22.06.2013
Gerhard Matzig

Einfach nur dagegen. Wie wir unseren Kindern die Zukunft verbauen

München: Goldmann 2011; 222 S.; 17,99 €; ISBN 978-3-442-31273-3
Matzig, Journalist und Autor mit den Schwerpunkten Architektur, Städtebau und Design, wendet sich gegen die, die immer nur dagegen sind – gegen die sogenannten Wutbürger. Sein Aufhänger sind die zahlreichen Bürgerproteste gegen Stuttgart 21, den Ausbau von Landebahnen an Flughäfen und größere städtebauliche Maßnahmen wie in München usw. Seine Meinung zu diesen Protesten fasst er folgendermaßen zusammen: „Deutschland: ein Oberjammergau der Welt. Nirgendwo sonst wird so viel beklagt, benörgelt und bejammert.“ (25) Deutschland ist für ihn „selbstgerecht, egozentrisch und furchtbar verwöhnt“ (29), „ein Ort der Angst, nicht der Zukunftslust, ein Ort der Nörgelei, nicht der Zuversicht“ (17), eine zutiefst gespaltene „Gemeinschaft der Ichlinge“ (49). Für ihn sind die zahlreichen Proteste Ausdruck einer Verbohrtheit der Menschen, die sich an vergangenen Vorstellungen festhalten, nichts mehr wagen und riskieren wollen und nur an sich denken. Sie sehen hinter allem und jedem Probleme und werden somit das Land zurückwerfen und die Zukunft ihrer Kinder verspielen. So benennt er auch seine ersten Kapitel mit Begriffen wie Stillstand, Wut, Angst und Wahnsinn. Er setzt diesen Einstellungen Beispiele aus der Vergangenheit entgegen, zum Beispiel den Bau des Münchner Olympiastadions oder des Eiffelturms in Paris. Dort gab es jeweils auch Proteste, jedoch sehe man nun, dass sich diese Risiken doch gelohnt hätten. Matzig plädiert deshalb für ein utopisches Gegendenken, für „eine neue Zukunftslust, ein Gestaltenwollen, ein Problemlösen, […] eine neue Moderne“ (217). Er fordert mehr Optimismus statt Empörung, um dem „Weltaufgang“ (220) mutig entgegenzutreten. Man kann sich des Eindrucks nicht verschließen, dass Matzig all seine Wut und seinen Frust in diese Zeilen hat fließen lassen. Er schreibt deshalb leider stark polemisch und oft auch sehr undifferenziert, Beispiele legt er in seinem Sinne aus. Matzig schließt von einer Reihe einzelner Beobachtungen auf das große Ganze. Das Buch liefert letztlich eine kurzweilig geschriebene, aber auch subjektive und durch Frust geprägte Einschätzung der aktuellen Protest-Realität in diesem Land.
Christoph Mohamad-Klotzbach (CHM)
M. A., Politikwissenschaftler (Soziologe, Historiker), wiss. Mitarbeiter, Institut für Politikwissenschaft und Sozialforschung, Julius-Maximilians-Universität Würzburg.
Rubrizierung: 2.35 Empfohlene Zitierweise: Christoph Mohamad-Klotzbach, Rezension zu: Gerhard Matzig: Einfach nur dagegen. München: 2011, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/34537-einfach-nur-dagegen_41478, veröffentlicht am 03.05.2012. Buch-Nr.: 41478 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken
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