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/ 04.06.2013
Hans-Gerd Jaschke

Fundamentalismus in Deutschland. Gottesstreiter und politische Extremisten bedrohen die Gesellschaft

Hamburg: Hoffmann und Campe 1998; 286 S.; brosch., 29,80 DM; ISBN 3-455-10369-3
Der Autor, Professor für Politikwissenschaft und Soziologie an der Fachhochschule für Verwaltung und Rechtspflege in Berlin, erregte 1996 mit einem Scientology-Gutachten Aufsehen. In diesem Buch untersucht er historische und aktuelle Formen des Fundamentalismus in Deutschland. Seine eingängige, leicht lesbare Monographie richtet sich in erster Linie an eine breite Leserschaft, die sich erstmals mit dem Phänomen "Fundamentalismus" vertraut machen möchte. In einer historischen Skizze informiert das Buch kenntnisreich über fundamentalistische Strömungen rechter und linker Couleur zu Beginn des Jahrhunderts und verfolgt von dort ausgehend aktuelle (weitgehend bekannte) Varianten des Fundamentalismus, wie den islamischen, christlichen oder politischen Fundamentalismus sowie Okkultismus, die New Age- und die Scientology-Bewegung. Am Beispiel von Scientology-Aussteigern und des Neonazis Michael Kühnen wird veranschaulicht, wodurch fundamentalistische Orientierungen an Faszination gewinnen. Auf die Frage, wie einer Ausweitung von fundamentalistischen Strömungen in Deutschland begegnet werden kann, liefert Jaschke neben ebenso vertrauten wie allgemeinen Verhaltensempfehlungen einer "inhaltlich angemessenen, zukunftsweisenden Auseinandersetzung jenseits von Repression, Ausgrenzung oder Ignoranz" (273) erfrischend kritische Hinweise auf die prekäre Frage unserer Einstellung zum Fortschritt. Hier greifen die bisherigen Deutungen des modernen Fundamentalismus seiner Ansicht nach zu kurz: sie vernachlässigen die aus der inneren Verfassung der Gesellschaft hervorgehenden Krisensymptome. Aktuell ist hier vor allem Jaschkes Hinweis auf einen neuen "Marktradikalismus", den er als "Fundamentalismus der Mitte" kritisiert, weil dieser im Zeichen angeblicher Sachzwänge die Gesellschaft in Verlierer und Gewinner aufspaltet, den Sozialneid schürt und durch die "Bekräftigung eines unabdingbaren Primats der Ökonomie, des Marktes und des Profits demokratische Essentials zugunsten des Marktes zur Disposition stellt" (115). Die Trennung von Demokratie und Sozialstaat sei der Beginn einer Aushöhlung der Demokratie von innen heraus: ein Hinweis, der Beachtung verdient.
Claudia Bruns (CB)
Dr., Historikerin.
Rubrizierung: 2.352.37 Empfohlene Zitierweise: Claudia Bruns, Rezension zu: Hans-Gerd Jaschke: Fundamentalismus in Deutschland. Hamburg: 1998, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/5498-fundamentalismus-in-deutschland_7185, veröffentlicht am 01.01.2006. Buch-Nr.: 7185 Rezension drucken
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