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/ 06.06.2013
Günther Nonnenmacher / Bernhard Vogel

Mutige Bürger braucht das Land. Chancen der Politik in unübersichtlichen Zeiten

Freiburg i. Br./Basel/Wien: Herder 2012; 297 S.; geb., 19,99 €; ISBN 978-3-451-32579-3
Günther Nonnenmacher, Mitherausgeber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, und Bernhard Vogel, CDU‑Politiker und ehemaliger Ministerpräsident von Rheinland‑Pfalz, sprechen über nahezu alle bedeutungsvollen politischen Themen der Innen‑ und Europapolitik – in persönlichen Rückblicken, grundsätzlich theoretisch oder auch in spekulativen Ausblicken. Angefangen bei der Frage nach der Unterscheidung von Wut‑ und Mutbürgern über zahlreiche Probleme des derzeitigen Parteiensystems, der Volksparteien, des Föderalismus, des Machtstrebens und Themen wie Tugenden in der Politik, die Rolle des Bundespräsidenten und des Bundesverfassungsgerichtes bis hin zu grundsätzlichen Fragen zum Verhältnis von Staat und Kirche oder der Idee „Europa“ wird hier alles abgehandelt. Dabei nimmt Nonnenmacher zumeist die Rolle des Fragenden ein, lässt jedoch über seine Fragen häufig auch die eigene Meinung durchscheinen. Vogel ist hingegen in der Expertenrolle und steht mithin im Mittelpunkt des Gesprächs. Vogels politische Ansichten pendeln dabei zwischen der Einsicht, dass bestimmte Probleme – wie Politikverdrossenheit oder Machtversessenheit von Parteien – vorhanden sind, und der Skepsis gegenüber neuen Lösungen für diese Probleme. Unterm Strich lässt sich dabei häufig eine konservative Sicht erkennen. Im Hinblick auf die Diskussion über den „Wutbürger“ steht nach Vogels Ansicht bei diesem „der Egoismus und beim Mutbürger das allgemeine Wohl im Mittelpunkt“ (17). Ganz eindeutig feststellbar scheint es für Vogel zu sein, was das Gemeinwohl ist. Dieses werde zum Beispiel nicht von den Gegnern von „Stuttgart 21“ oder der derzeitigen Euro‑Politik vertreten. Diese Bürger, so muss man dann schlussfolgern, sind alle nur wütend. Eine ablehnende Haltung nimmt Vogel auch gegenüber plebiszitären Elementen ein, da er unter anderem die Gefahr der Manipulation der Bürger durch Populisten fürchtet. Nonnenmacher fasst Vogels Einlassungen zugespitzt, aber wohl treffend so zusammen, dass Vogel eher eine „Stimmzetteldemokratie“ (28) wünscht, in der der Bürger nur bei Wahlen aktiv ist. Am Ende vertraut Vogel zur Lösung der Probleme der repräsentativen Demokratie, wobei er von den Parteien fordert, ihre Aufgaben besser zu lösen und das Gemeinwohl zu berücksichtigen. Die Gedanken Vogels und Nonnenmachers sind insgesamt anregend und dürften für weniger konservativ Gesinnte auch manchmal aufregend sein. Sie sind – und das ist wohl auch dem Format geschuldet – jedoch nicht immer systematisch oder bis in alle Details zu Ende gedacht.
Jan Achim Richter (JAR)
Dipl.-Politologe, Doktorand, Universität Hamburg.
Rubrizierung: 2.3312.322.3332.35 Empfohlene Zitierweise: Jan Achim Richter, Rezension zu: Günther Nonnenmacher / Bernhard Vogel: Mutige Bürger braucht das Land. Freiburg i. Br./Basel/Wien: 2012, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/9197-mutige-buerger-braucht-das-land_43352, veröffentlicht am 02.05.2013. Buch-Nr.: 43352 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken
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