/ 21.06.2013
Robert Misik
Politik der Paranoia. Gegen die neuen Konservativen
Berlin: Aufbau-Verlag 2009; 202 S.; geb., 17,95 €; ISBN 978-3-351-02678-3Der Autor führt eine zuweilen polemische Auseinandersetzung mit dem neokonservativen Weltbild. Die letzten Jahrzehnte, leitet Misik ein, seien die Zeit der Neokonservativen gewesen und selbst vermeintlich linke Hoffnungsträger wie Bill Clinton, Tony Blair oder die rot-grüne Bundesregierung hätten „die meisten enttäuscht“ (15). Die eigentlichen Positionen, die früher zum sozialdemokratischen Mainstream gehörten, fänden sich heute nur noch am „Rand des politischen Spektrums“ (16). Und tatsächlich sei nicht die Rechte, wie häufig postuliert, in die politische Mitte gerückt, sondern die Mitte entschieden nach rechts. Die Positionen der Neokonservativen zeugten dabei von „grotesker Widersprüchlichkeit“ (20): u. a. seien sie für Familie, verteufelten aber türkische Familienclans oder seien für Privatisierung, beklagten aber das Niveau des Privatfernsehens. In manchen politischen Fragen – z. B. Steuersenkungen, Sozialabbau, mehr Härte in der Strafjustiz und der Einwanderungspolitik – sind Neoliberale und Neokonservative für den Autor praktisch ununterscheidbar. Insofern stimme auch die klassische Erwartung nicht, dass diese Neokonservativen „das Vorhandene bewahren wollen“, sondern es sei eher so, dass sie „eine beinahe vollständige Transformation der Gesellschaft im Sinn haben“ (73). Entschieden wendet sich der Autor gegen den Freiheitsbegriff der Konservativen, der vor allem Eigentum meine. Entsprechend gehöre es zu ihren gängigen politischen Positionen, gegen die Progression von Steuersätzen zu sein, weswegen sie auch die Vokabel der „konfiskatorischen Steuer“ (82) erfunden hätten. Ebenso entschieden lehnt der Autor den Gleichheitsbegriff der Konservativen ab und führt aus, dass alle Erfahrung zeige, „dass ein höherer Grad an Ungleichheit für wirtschaftliches Wachstum ungünstiger ist als ein geringer Grad an Ungleichheit“ (107 f.). Für Misik ist klar, dass die Konservativen „in praktisch jedem Fall die falschen Antworten“ (190) geben; er wünscht sich eine Linke mit machtstrategischem Idealismus.
Timo Lüth (TIL)
Student, Institut für Politische Wissenschaft, Universität Hamburg.
Rubrizierung: 2.35 | 2.331
Empfohlene Zitierweise: Timo Lüth, Rezension zu: Robert Misik: Politik der Paranoia. Berlin: 2009, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/30932-politik-der-paranoia_36761, veröffentlicht am 05.08.2009.
Buch-Nr.: 36761
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Student, Institut für Politische Wissenschaft, Universität Hamburg.
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