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/ 22.06.2013
Andreas M. Scheu

Adornos Erben in der Kommunikationswissenschaft. Eine Verdrängungsgeschichte?

Köln: Herbert von Halem Verlag 2012 (Theorie und Geschichte der Kommunikationswissenschaft); 363 S.; 32,- €; ISBN 978-3-86962-054-1
Kommunikationswiss. Diss. München, Begutachtung: M. Meyen, H.-B. Brosius. – Warum bestimmte Theorien oder Paradigmen in der Wissenschaft „überleben“ oder „absterben“, gehört zu den spannenden Fragen der Wissenschaftstheorie. Scheu beschäftigt sich mit den theoretischen „Verlierern“ der „kritischen Kommunikationsforschung“ (12). Dominant innerhalb dieses Faches sei grundsätzlich ein empirisch-sozialwissenschaftliches Verständnis, das sich in der Tradition von Paul Felix Lazarsfeld sehe und dem Kritischen Rationalismus nach Karl Popper verpflichtet sei. Der Versuch, eine kritische Kommunikationsforschung innerhalb der Kommunikationswissenschaft zu etablieren, wurde in den 1960er-Jahren unternommen. Kritische Theorie steht dabei aus der Perspektive des Autors für einen Ansatz, der „sich in der Pflicht [sieht], Gesellschaft, Medien und Wissenschaft auf theoretischer Basis herrschaftskritisch zu hinterfragen, normativ zu beurteilen und so aktiv an der Verbesserung gesellschaftlicher Strukturen mitzuwirken“ (13). Scheu fragt nun, warum sich die Nachfolger der Frankfurter Schule innerhalb der Kommunikationswissenschaft nicht durchsetzen konnten. Dafür stellt der Autor – in Anlehnung an Pierre Bourdieu – allgemeine Überlegungen zu dem Theorieansatz an. Zusätzlich untersucht er als Fallbeispiele unterschiedliche Vertreter der „kritischen Kommunikationsforschung“ in den 1970er- und 1980er-Jahren. Scheu ist letztlich unsicher, ob wirklich von einer Verdrängung der „kritischen Kommunikationsforschung“ gesprochen werden kann. Denn dies setzte voraus, dass sie zuvor etabliert gewesen sei, was jedoch nicht zutreffe. Zudem werden bis heute Positionen innerhalb des Faches vertreten, die dieser Forschungsperspektive zuzurechnen seien. Auf der anderen Seite sieht der Autor jedoch eine Verdrängung als gegeben an, da die Vertreter der empirisch-analytischen Theorien die „kritische Kommunikationsforschung“ marginalisiert haben. Zwar ist das Buch kaum von politikwissenschaftlicher Relevanz; für die auch in der Politikwissenschaft berechtigte Frage, wie es um die Tradition der Kritischen Theorie in diesem Fach steht, kann es jedoch als Anregung dienen.
Jan Achim Richter (JAR)
Dipl.-Politologe, Doktorand, Universität Hamburg.
Rubrizierung: 5.2 Empfohlene Zitierweise: Jan Achim Richter, Rezension zu: Andreas M. Scheu: Adornos Erben in der Kommunikationswissenschaft. Köln: 2012, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/35465-adornos-erben-in-der-kommunikationswissenschaft_42753, veröffentlicht am 12.10.2012. Buch-Nr.: 42753 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken
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