/ 24.10.2013
Hannah Bethke
Das politische Denken Arnold Brechts. Eine transatlantische Ideengeschichte des 20. Jahrhunderts
Berlin: Duncker & Humblot 2013 (Beiträge zur Politischen Wissenschaft 178); 405 S.; 98,90 €; ISBN 978-3-428-13998-9Diss. Leipzig; Begutachtung: A. Anter, H. Buchstein. – Weil die Politikwissenschaft das zähe Ringen um ihre Berechtigung als Wissenschaft im Nachkriegsdeutschland für sich entscheiden konnte, geht sie nunmehr zur Klassikerpflege über. Es scheint fast so, als ob die Akzeptanz einer Wissenschaft von der Existenz fachspezifischer Klassiker abhinge. Eine dieser Koryphäen ist ohne jeden Zweifel Arnold Brecht, in dessen Leben und Werk sich sowohl die deutsche Geschichte als auch die politische Ideen‑ und Wissenschaftsgeschichte spiegelt. Als Zeitzeuge des Untergangs der Weimarer Republik und politischer Flüchtling verkörpert er das Dilemma der Nachkriegspolitikwissenschaft schlechthin: Wie passen die Politikwissenschaft als Demokratiewissenschaft und das Postulat der wissenschaftlichen Wertfreiheit zusammen? Dass Brecht diesen gordischen Knoten nicht zu lösen vermochte, spricht nicht gegen ihn. Es handelt sich vielmehr um eine Quelle der Produktivität. Das Leben und Werk Arnold Brechts wissenschaftlich aufzuarbeiten ist das Anliegen von Hannah Bethke. Dabei geht sie von einer Abhängigkeit zwischen dessen wissenschaftlicher und politischer Tätigkeit und deren gegenseitiger Beeinflussung aus. Bethke geht chronologisch vor, indem sie Brechts Leben in die Zeit vor der erzwungenen Emigration und danach gliedert. Die Verbindung von Theorie und Praxis herzustellen gelingt ihr leider nicht immer, was mitunter darauf zurückzuführen ist, dass sie die methodischen Probleme der Ideengeschichtsschreibung zu stark vernachlässigt, was im Gegenzug erkennen ließe, wie Text und Kontext miteinander in Beziehung stehen. Bethke kommt unter anderem zu dem Schluss, dass sich trotz der Zäsur infolge der Emigration starke Kontinuitätslinien – etwa die Rolle, die dem Berufsbeamtentum zugestanden wird – finden lassen. Wie sich dies mit der zuvor getroffenen Feststellung verträgt, dass Brechts Werk an mangelnder Kohärenz leide, bleibt unklar. Wenn der werkimmanente Zusammenhang fehlt, lassen sich weder klare Brüche noch rote Fäden finden, allenfalls Akzentverschiebungen.
Patrick Stellbrink (PS)
M. A., Politikwissenschaftler, Promovend an der TU Chemnitz.
Rubrizierung: 5.46 | 1.3
Empfohlene Zitierweise: Patrick Stellbrink, Rezension zu: Hannah Bethke: Das politische Denken Arnold Brechts. Berlin: 2013, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/36335-das-politische-denken-arnold-brechts_44495, veröffentlicht am 24.10.2013.
Buch-Nr.: 44495
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M. A., Politikwissenschaftler, Promovend an der TU Chemnitz.
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