/ 04.12.2014
Friedrich Wolff
Ein Leben – Vier Mal Deutschland. Erinnerungen: Weimar, NS-Zeit, DDR, BRD
Köln: PapyRossa Verlag 2013; 248 S.; softc., 15,- €; ISBN 978-3-89438-520-0Wirtschaftlich sei es ihm im wiedervereinigten Deutschland am besten gegangen, schreibt Friedrich Wolff. „Dennoch, die DDR war mir das liebste der vier Deutschländer.“ (247) Mit entsprechender politischer Schlagseite fällt denn auch diese Autobiografie aus – Wolff, der trotz seines jüdischen Vaters die Zeit des Nationalsozialismus unversehrt überstehen konnte, engagierte sich nach dem Krieg in der KPD, studierte im Osten Berlins Jura und wurde erst Richter, dann Rechtsanwalt; über 20 Jahre lang war er Vorsitzender des Berliner Anwaltskollegiums in der DDR und nach einem Bericht des Magazins Focus vom 30. Januar 1995 wurde er 1956 Inoffizieller Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit. 1982 erhielt er „den Vaterländischen Verdienstorden in Silber“ (174), wie er nicht ohne Stolz erinnert. Überhaupt blickt Wolff ohne zu zweifeln auf die DDR zurück. Ein prägnantes Beispiel dafür ist der Bau der Mauer. Die Abriegelung ist zwar für ihn persönlich insofern schmerzlich als seine Mutter im Westen lebte. Ansonsten aber habe sich die wirtschaftliche Situation in der DDR verbessert, schreibt er, und auch im Rechtsanwaltskollegium „zeigt die Sperrung der Grenze positive Wirkungen“ (136), etwa hinsichtlich der Besetzung von Arbeitsplätzen. Wolff wird im Laufe der Jahrzehnte praktisch alle verteidigen – vom Demonstranten des 17. Juni 1953 bis zu Erich Honecker, einige Verfahren hat er bereits 1999 in dem Buch „Verlorene Prozesse 1953‑1998“ (siehe Buch‑Nr. 11480) geschildert. Angesichts seiner Vita überrascht es nicht, dass er die Aufarbeitung des DDR‑Regimes vor gesamtdeutschen Gerichten für unzulässig hält – und nun, vor dem Hintergrund von Wirtschafts‑ und Finanzkrise, hofft er erneut: Wolff ist sich sicher, dass die „Zahl derer, die diese Gesellschaftsordnung in Frage stellen, […] größer […]“ (246) wird. Insgesamt sind diese persönlichen Erinnerungen und Ansichten über die verschiedenen Erscheinungsformen Deutschlands durchaus aufschlussreich, will man erfahren, wie in der DDR‑Elite gedacht wurde.
{NW}
Rubrizierung: 2.3 | 2.312 | 2.314 | 2.315 | 2.35 Empfohlene Zitierweise: Natalie Wohlleben, Rezension zu: Friedrich Wolff: Ein Leben – Vier Mal Deutschland. Köln: 2013, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/37848-ein-leben--vier-mal-deutschland_43808, veröffentlicht am 04.12.2014. Buch-Nr.: 43808 Inhaltsverzeichnis Rezension druckenCC-BY-NC-SA