/ 12.09.2013
Vann Nath
"Ich malte um mein Leben". Im Todeslager der Roten Khmer in Kambodscha. Hrsg. von Alexander Goeb. Aus dem Englischen übersetzt von Stefanie Karg
Frankfurt a. M.: Brandes & Apsel 2013; 159 S.; pb., 17,90 €; ISBN 978-3-95558-000-1„Meine Geschichte ist die surreale, bizarre Geschichte von Millionen von Menschen, die hemmungslos und ohne ein Gerichtsurteil von ihrer eigenen Regierung massakriert wurden.“ (27) – Das Buch enthält die autobiografischen Aufzeichnungen des 2011 verstorbenen Malers Vann Nath aus der Zeit des Terrorregimes der Roten Khmer von 1975 bis 1979. Vann Nath wird mitsamt seiner Familie aufs Land verschickt und arbeitet zunächst zwei Jahre als Reispflanzer in einer Kooperative. Ohne Grund wird er eines Tages willkürlich verhaftet, gefoltert und schließlich in das berüchtigte Gefängnis S‑21 nahe Phnom Penh eingeliefert, in dem zwischen 1976 und 1978 rund 14.000 bis 20.000 Menschen umkamen. Dem Tode nah, beauftragt ihn die Gefängnisleitung nach rund einem Monat Haft, Bilder vom Bruder Nr. 1 Pol Pot zu malen. Diese Arbeit rettet ihm schließlich das Leben. Nach genau einem Jahr wird er durch die anrückenden vietnamesischen Invasionstruppen befreit. Seine detaillierten Schilderungen zeigen dabei die Mühlen einer paranoiden Diktatur, die zunehmend der Dynamik der Gewalt erliegt und der zum Schluss ehemalige Spitzenkader, Militärführer und schließlich die Gefängniswärter selbst zum Opfer fallen. Vann Nath ist einer von insgesamt nur sieben Häftlingen, die den Gefängnisaufenthalt überleben. Nach dem Regimeende bemüht sich der Künstler aktiv um eine Erinnerungskultur. Er engagiert sich für die Umwandlung des Gefängnisses zu einer Gedenkstätte und visualisiert die Hafterlebnisse durch seine Gemälde. Damit trägt er zur historischen Aufarbeitung bei. Nicht Rache, sondern Aufklärung ist sein Leitmotiv. „Ich möchte […] die Erinnerung lebendig halten, damit ausländische Besucher und die neue Generation von Kambodschanern verstehen, was in dieser Zeit passiert ist. Unsere Kinder müssen lernen, niemals wieder Menschen wie Tiere zu behandeln, oder sogar noch schlechter.“ (144) Das Werk ist ein erschütternder Zeitzeugenbericht, der einen tiefen Einblick in ein System von Folter, Willkür und Mord erlaubt, in dem jeder das nächste Opfer sein kann.
Fabrice Gireaud (FGI)
M. A., Politikwissenschaftler, Doktorand und wiss. Mitarbeiter, Institut für Sozialwissenschaften und Philosophie, Universität Vechta.
Rubrizierung: 2.68 | 2.25 | 2.1 Empfohlene Zitierweise: Fabrice Gireaud, Rezension zu: Vann Nath: "Ich malte um mein Leben" Frankfurt a. M.: 2013, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/36172-ich-malte-um-mein-leben_44050, veröffentlicht am 12.09.2013. Buch-Nr.: 44050 Inhaltsverzeichnis Rezension druckenM. A., Politikwissenschaftler, Doktorand und wiss. Mitarbeiter, Institut für Sozialwissenschaften und Philosophie, Universität Vechta.
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