In diesem Band gruppiert der emeritierte Professor für Allgemeine Erziehungswissenschaft, Religionsphilosoph und Publizist Micha Brumlik ausgewählte Aufsätze und Materialien um die Frage, „mit welcher Intensität als jüdisch beanspruchte oder von Juden entfaltete Traditionen die Philosophie des Zwanzigsten Jahrhunderts prägten“ (5). Mit der Neuauflage und Neuanordnung einzelner, von den 1980er‑Jahren bis in die Gegenwart publizierter Aufsätze will er die Verbindung von jüdischer Tradition und Erfahrungen der Moderne herausstellen. Er richtet sich damit – wie er selbst formuliert – an eine politikwissenschaftlich interessierte Öffentlichkeit, schließt aber ebenso breitere öffentliche Debatten um Vertreibung, Menschenrechte und Menschenwürde oder auch kindliche Sexualität ein. Die ideengeschichtliche Fundierung seiner Arbeiten wird besonders in den Studien zur jüdischen Tradition bei Hannah Arendt oder zum „apokalyptischen Messianismus“ bei Theodor W. Adorno deutlich, den er angesichts der Erfahrung des Holocausts als „eine apokryphe Form jüdischer Theologie“ (12) charakterisiert. Das politische Denken mit ostjüdischer Tradition entdeckt er bei Martin Buber, Abraham Joshua Heschel und Emmanuel Levinas. Neben dem knappen Vorwort fehlt dem Band eine verbindende Einführung, eine erläuternde Klammer oder Schlussbetrachtung. Zu kritisieren sind zudem orthografische Fehler und Dissonanzen bei der Angleichung der Beiträge; sie verblassen aber vor dem ideenhistorischen Werk und der politischen wie wissenschaftlichen Verve des Autors.