/ 25.06.2015
Juergen Weichselgartner
Risiko – Wissen – Wandel. Strukturen und Diskurse problemorientierter Umweltforschung
München: oekom verlag 2013; 283 S.; 24,95 €; ISBN 978-3-86581-430-2Wohl kaum ein Begriff ist für die globalisierte Moderne so einschlägig wie der des Risikos. Im Spannungsfeld der Wissensgenerierung und Beratung mit Blick auf umweltbezogene Risiken (Naturrisiken und Umweltgefahren) sowie der politischen Bezugnahme darauf untersucht Juergen Weichselgartner, wie Experten und Öffentlichkeit interagieren: „Welche Wirkung und Einfluss hat wissenschaftliches Wissen auf Entscheidungsträger in Politik und Praxis? Und wie wird dieses in Bezug auf Brauchbarkeit, Glaubwürdigkeit und Legitimität bewertet?“ (213) Die Schnittstelle dieser drei Pole, die von einer kaum überschaubaren Vielzahl unterschiedlicher Akteure besetzt ist, angefangen von Wissenschaftlern über Unternehmenslobbyisten, politischen Aktivisten bis hin zu Berufspolitikern, erweist sich dabei als der Ort des Aufeinandertreffens „sachbezogener Wissensinteressen und machtbezogener Verwendungsinteressen“ (11). Indem die hier interagierenden Akteure unterschiedlichste Handlungs‑ und Gestaltungsinteressen verfolgen, entstehen – wie Weichselgartner im Rahmen einer Metaanalyse des Diskurses über den Klimawandel ausführt – in demokratischer Hinsicht brisante Wechselbeziehungen: „Die Themengenese innerhalb der Wissenschaft, obgleich unkoordiniert und in verschiedenen Disziplinen verwurzelt, geht der öffentlichen Themenkarriere voraus.“ (177) Damit kommt, so die Schlussfolgerung, dem wissenschaftlichen Diskurs eine besondere Verantwortung zu. Denn er entscheidet wesentlich über die Frage, welche Themen wiederum in einer breiteren politischen Öffentlichkeit Beachtung finden und diskutiert werden. Dass damit aufseiten der institutionalisierten Politik, die sich durch die Bezugnahme auf wissenschaftliche Expertise etwa zusätzliche Legitimität erhofft, Begehrlichkeiten geweckt werden, versteht sich eigentlich von selbst. Wenn Weichselgartner indes explizit darauf hinweisen muss, dass sich „die wissenschaftliche Risikoforschung stärker als kritische Instanz zur politischen Macht“ (166) verstehen müsse, dann scheint es an diesem Bewusstsein im Feld der Umweltforschung noch zu mangeln. Gerade in so sensiblen Feldern wie der Klimapolitik, die langfristig wirksame, nachhaltige Entscheidungen sowie tiefgreifende Veränderungen verlangt, so Weichselgartners Plädoyer, bedarf es dringend und von allen Seiten – von der Politik, der Wissenschaft und auch von den Medien – einer differenzierteren und sensibleren Kommunikationskultur.
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Rubrizierung: 5.2 Empfohlene Zitierweise: Matthias Lemke, Rezension zu: Juergen Weichselgartner: Risiko – Wissen – Wandel. München: 2013, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/38557-risiko--wissen--wandel_44296, veröffentlicht am 25.06.2015. Buch-Nr.: 44296 Inhaltsverzeichnis Rezension druckenCC-BY-NC-SA