/ 08.01.2015
Roland Conrady / David Ruetz (Hrsg.)
Tourismus und Politik. Schnittstellen und Synergiepotentiale
Berlin: Erich Schmidt Verlag 2014 (Schriften zu Tourismus und Freizeit 16); 225 S.; 49,95 €; ISBN 978-3-503-15490-6Laut der Herausgeber leben wir gegenwärtig in einer „Ära der ‚Politikdominanz‘“ (5), was auch auf die Tourismusbranche ausstrahlt. Daher beschäftigten sich die Teilnehmenden der Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Tourismuswissenschaft, die im November 2012 in Berlin stattfand, mit dem vielschichtigen Verhältnis zwischen Tourismus und Politik. So fragen etwa Lena‑Marie Lun, Harald Pechlaner und Sabine Pichler, „in welcher Form die Politik heute und zukünftig auf den Tourismus einwirken kann“ (62). In ihrer Untersuchung konzentrieren sie sich auf die Region Südtirol und führten teilstrukturierte Interviews mit Akteuren aus Politik und Tourismuswirtschaft. Demnach dient die Politik als „Weichensteller und Prozessbeschleuniger“ (70) und kann die Region entscheidend stärken. Die finanzielle Förderung wird zwar auch als wichtige Aufgabe angesehen, doch werden auch ihre Nachteile berücksichtigt, etwa die Gefahr der Wettbewerbsverzerrung bei mangelnder Differenzierung. Eine auch in Zukunft „tragfähige Tourismuspolitik“ habe die Aufgabe, „die Identität der Bevölkerung mit ihrer Region zu erhalten und zu festigen und dabei die Erwartungen der Gäste […] bestmöglich im Blickfeld zu haben“ (72). Einen anderen Aspekt der Tourismuspolitik betrachten Rainer Hartmann und Amke Pistoor, wenn sie fragen, wie ein ethisch vertretbarer Tourismus gestaltet sein muss. Angeregt unter anderem durch die öffentlichen Diskussionen vor und während der Fußball‑Europameisterschaft in der Ukraine, beschäftigen sie sich mit dem Thema Tourismusethik. Sie entwickeln Handlungsempfehlungen für alle beteiligten Akteure (Politiker, Tourismusunternehmen, NGOs, Reisende), um das Reisen nachhaltig und verantwortungsvoll zu gestalten und die einheimische Bevölkerung nicht zu belasten. Damit kann allerdings nicht das von ihnen eingangs selbst aufgeworfene Dilemma aufgelöst werden: „Reiseveranstalter und Touristen tragen (unbewusst?) dazu bei, totalitäre Regime zu stabilisieren, wenn Verflechtungen zwischen Staatsführungen und Tourismusbranche existieren.“ (127) Das Resümee fällt daher unbefriedigend aus, da dem Reisenden letztlich nur trivial empfohlen wird, sich umfassend zu informieren und „seine Reiseentscheidung kritisch [zu] reflektieren“ (135).
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Rubrizierung: 2.263 | 2.26 Empfohlene Zitierweise: Simone Winkens, Rezension zu: Roland Conrady / David Ruetz (Hrsg.): Tourismus und Politik. Berlin: 2014, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/37932-tourismus-und-politik_45056, veröffentlicht am 08.01.2015. Buch-Nr.: 45056 Inhaltsverzeichnis Rezension druckenCC-BY-NC-SA