Das durchschnittliche Dänemarkbild der Deutschen dürfte sich immer noch mit wenigen Schlagworten beschreiben lassen: familienfreundliche Urlaubsregion, gelassene Lebensart und unverkrampfter Umgang mit Regeln, Liberalität gepaart mit einem nordisch-sozialdemokratischen Ethos. Derartige Stereotypen haben hohe Beständigkeit, auch wenn sich die Verhältnisse beim Nachbarn im Norden seit etlichen Jahren gewandelt haben. Einerseits verschaffen EU-Randlage und umsichtige Arbeitsmarktpolitik Dänemark eine ökonomische Prosperität, andererseits sind in dessen Migrationspolitik – die rigideste der EU-Mitgliedstaaten – die liberalen Prinzipien von einst nicht mehr wiederzuerkennen und überdies greift die regierende Mitte-Rechts-Koalition seit 2001 auf die Stützung durch die rechts-populistische Dänische Volkspartei zurück. Umgekehrt war das dänische Deutschlandbild lange Jahre von einer tief sitzenden Skepsis gegenüber befürchteten preußisch-deutschen Machtambitionen geprägt – Niederschlag nicht allein der Zeiten der deutschen Okkupation während des NS-Regimes, sondern auch der Kriege um Schleswig-Holstein im 19. Jahrhundert. Zur Rückbesinnung auf die eigene Identität gehört in Dänemark – das im 16. und 17. Jahrhundert immerhin herrschende Ostseemacht war – die Abgrenzung nach Süden und die Betonung der nationalen kulturellen Besonderheiten. Mit derlei Stereotypen geht der in Flensburg geborene Autor, Professor für Skandinavistik an der Humboldt-Universität zu Berlin, freundlich-ironisch um. Er entwirft mit leichter Hand – sachkundig und gut lesbar geschrieben – ein Dänemark-Porträt, das die politischen und wirtschaftlichen Verhältnisse in ihren historischen Kontexten ebenso beleuchtet wie die dort geführten kulturellen Debatten (über die „Tugend des Mittelmaßes“, EU-Skepsis, Mohammed-Karikaturen). Entstanden ist so ein sehr „persönliches“ Dänemark-Buch (13), das der verbreiteten Ignoranz gegenüber dem nordischen Nachbar auf unterhaltsame Weise entgegenwirken könnte.