/ 20.06.2013
Hanspeter Oschwald
Der deutsche Papst. Wohin führt Benedikt XVI. die Kirche?
München/Zürich: Piper 2005; 264 S.; kart., 14,90 €; ISBN 3-492-04132-9Die katholische Kirche werde bevölkert von vielen Priestern, die im Grunde ihres Herzens Atheisten seien, und von Gläubigen, die in einer Hierarchie der Entmündigung lebten. Außerdem „[standen und stehen] die Zwänge des lieblosen christlichen Milieus [...] den rückständigsten islamischen Gemeinschaften von heute kaum nach“ (255) – evangelische Partner sind verpönt, uneheliche Kinder unerwünscht und homosexuelle Beziehungen gelten als unmoralisch. Zudem komme der deutlich von der abendländischen Kultur dominierte Katholizismus in Afrika, Asien und Lateinamerika immer noch als religiöser Kolonialismus daher. Der Journalist und langjährige Kenner des Vatikans Oschwald legt die moderne Gesellschaft als Maßstab seiner Analyse der katholischen Kirche an und kommt so zu zahlreichen Kritikpunkten, die Fragen zur Zukunft dieser Kirche und des Papsttums aufwerfen. Bevor er einen Ausblick darauf gibt, welchen Weg Benedikt XVI. einschlagen wird, erzählt Oschwald kenntnisreich aus der Geschichte des Vatikans und insbesondere des Pontifikats von Johannes Paul II. Dieser habe zusammen mit Kardinal Ratzinger u. a. den Tod der Befreiungstheologie in Lateinamerika bejubelt – mit dem Ergebnis, dass seitdem „irrlichternde Sekten“ (106) Zulauf erhielten. Der Autor zeigt, welchen Einfluss die Weltpolitik auf die Diskussionen über einen möglichen Nachfolger von Johannes Paul II. hatte und erklärt den Ablauf der Papstwahl. Weitere Themen sind die Finanzen des Vatikans und die katholische Kirche in Deutschland. Anzeichen für einen grundlegenden Wandel der katholischen Kirche etwa hinsichtlich der Gleichberechtigung der Frauen, der Aufhebung des Zölibats oder der Zulassung von Kondomen zur Empfängnisverhütung und HIV-Prävention sieht Oschwald nicht. Die katholische Kirche verpasse damit immer mehr den Anschluss an das Leben der Menschen. Nicht ausgeschlossen sei, dass es unter Benedikt XVI. so bleibe wie unter Johannes Paul II.: „Riesenapplaus für den Mann bei gleichzeitig stiller Abkehr von seiner Lehre.“ (108)
Natalie Wohlleben (NW)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 2.23 | 2.61 | 2.3 | 2.35
Empfohlene Zitierweise: Natalie Wohlleben, Rezension zu: Hanspeter Oschwald: Der deutsche Papst. München/Zürich: 2005, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/24102-der-deutsche-papst_27756, veröffentlicht am 25.06.2007.
Buch-Nr.: 27756
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Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
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