Skip to main content
/ 04.06.2013
Martin Rüther / Uwe Schütz / Otto Dann (Hrsg.)

Deutschland im ersten Nachkriegsjahr. Berichte von Mitgliedern des Internationalen Sozialistischen Kampfbundes (ISK) aus dem besetzten Deutschland 1945/46

München: K. G. Saur Verlag 1998 (Texte und Materialien zur Zeitgeschichte 10); X, 648 S.; 198,- DM; ISBN 3-598-11349-8
Quellen über die deutsche Geschichte unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg, insbesondere solche aus deutscher Sicht, sind bislang aus mehreren Gründen eine Rarität. Hier trägt die Edition dazu bei, eine große Lücke zu schließen. Die Herausgeber haben Berichte von Mitgliedern des Internationalen Sozialistischen Kampfbundes (ISK) aus dem Archiv der sozialen Demokratie in Bonn und aus einigen Privatarchiven in einem Band zusammengefaßt. Die Berichte sind angeordnet nach Reise- (zum Teil noch vor Kriegsende geschrieben) und Lokalberichten; innerhalb dieser beiden Kategorien streng in chronologischer Reihenfolge. So erhält der Leser zunächst einen eher allgemeinen Überblick, worauf dann detaillierte Schilderungen aus Köln, dem Ruhrgebiet, Hannover, Frankfurt, Braunschweig, Kassel und Hamburg folgen. Auf editorische Kommentare wurde so weit wie möglich verzichtet, um die Authentizität der Berichte zu erhalten. Besondere Bedeutung kommt den Quellen durch die Perspektive der Berichterstatter zu. Der ISK war eher eine verschworene Gemeinschaft als eine kleine Partei. Selbst auf ihrem Höhepunkt zählte sie kaum mehr als 300 Mitglieder, da bewußt durch sehr hohe Anforderungen eine geistige Elite herangezogen werden sollte. Zu diesen Anforderungen zählten unter anderem die Fähigkeit einer scharfen Beobachtung und akkuraten Berichterstattung. Während des Dritten Reichs konnte die Gruppe sich zunächst dank ihrer geringen Größe und der engen Bindungen der Verfolgung durch die Nationalsozialisten entziehen; nach 1937 gelang den prominenteren Mitgliedern die Flucht, zunächst nach Paris, dann nach London. Dort konnten enge Kontakte mit dem Office of Strategic Services aufgebaut werden, wodurch die Möglichkeit einer frühen Rückkehr nach Deutschland als Berichterstatter erst eröffnet wurde. All diese Verkettungen ergaben, daß sich bereits im Mai 1945 eine gewisse Anzahl hoch disziplinierter und gut geschulter deutscher Berichterstatter, die nicht nationalsozialistisch belastet waren, relativ frei in Deutschland bewegen konnten und eine Vielzahl an Berichten sammelten. Diese wertvolle Sammlung nun der Öffentlichkeit zugänglich gemacht zu haben, ist ein großes Verdienst der Herausgeber.
Markus Lang (ML)
Dr., Politikwissenschaftler.
Rubrizierung: 2.3132.22 Empfohlene Zitierweise: Markus Lang, Rezension zu: Martin Rüther / Uwe Schütz / Otto Dann (Hrsg.): Deutschland im ersten Nachkriegsjahr. München: 1998, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/6026-deutschland-im-ersten-nachkriegsjahr_8201, veröffentlicht am 01.01.2006. Buch-Nr.: 8201 Rezension drucken
CC-BY-NC-SA