Ernst Häber gehörte zwischen 1973 und 1985 zum inneren Kreis um Erich Honecker, zuständig für die deutsch-deutschen Beziehungen. Als Leiter der Westabteilung des Zentralkomitees der SED - sie hieß ab Mai 1984 "Abteilung Internationale Politik und Wirtschaft" - avancierte Häber zum "Hauptbeeinflusser" Honeckers für die innerdeutschen Fragen. Er knüpfte und hielt die Kontakte zu Politikern im Westen, u. a. zu Walter Leisler Kiep, Hans Jürgen Wischnewsky, Gerhard Stoltenberg, Hans Koschnik, Karl Ravens, Klaus von Dohnanyi, Wolfgang Schäuble, Martin Bangemann. Die insgesamt 71 edierten Dokumente, zumeist Gesprächsberichte, bieten neben den Einblicken in die Kontaktaufnahme und Kontaktpflege zwischen einem SED-Funktionär - Häber war in den letzten Monaten seiner Amtsführung noch zum Politbüro-Mitglied und Sekretär des Zentralkomitees ernannt worden - auch eine Skizze der westdeutschen Politiklandschaft, fernab von parteipolitischer Selbstdarstellung, wenn etwa Leisler Kiep in einem Gespräch mit Häber 1975 erklärt, man solle erkennen, "daß es einen Unterschied gibt zwischen Aussagen von CDU-Politikern im Wahlkampf und in der Auseinandersetzung mit der derzeitigen Regierungskoalition auf der einen Seite und der politischen Konzeption der CDU/CSU im Hinblick auf eine mögliche Regierungsübernahme" (77). Ein Teil der Dokumente beleuchtet die Informationsweitergabe an sowjetische Stellen, denn letztendlich wurden Häber aus Moskau seine Grenzen aufgezeigt. Er mußte schließlich 1985 auf Druck Tschernenkos, der Honecker wegen dessen nach sowjetischen Maßstäben zu offenen Deutschlandpolitik unverhohlen drohte, seinen Platz räumen. Inhaltsübersicht: 1. Die Kontaktaufnahme 1973 bis 1975; 2. Politik der kleinen Schritte 1976 bis 1979; 3. Veränderte weltpolitische Großwetterlage 1980 bis 1982; 4. Steiler Aufstieg und tiefer Fall 1983 bis 1985; 5. Epilog: Observation und Ausschluß 1984 bis 1985.