Geschichtswiss. Diss. Münster; Gutachter: J.-C. Kaiser. - Am Beispiel Mecklenburg-Vorpommerns zeigt Melis, wie auf dem Gebiet der Sowjetischen Besatzungszone die Entnazifizierungspolitik nach 1945 gehandhabt wurde. Seine zugrunde liegende These besagt, daß diese Politik weniger darauf ausgerichtet war, belastete Personen aus dem öffentlichen Dienst zu entfernen, als vielmehr die Herrschaft der KPD/SED durch einen radikalen personellen und strukturellen Wandel in allen wichtigen Bereichen zu festigen. "Mehrere Hinweise belegten schon 1945 das über die politische Überprüfung hinausgehende Interesse an der Entnazifizierung: erstens der Rigorismus bei den Entlassungen in der Verwaltung, zweitens die Versuche, jegliche Rückkehr eventuell unrechtmäßig Entlassener zu verhindern, drittens die Geschwindigkeit, mit der die Entnazifizierung vollzogen wurde, wodurch neues Personal eingesetzt werden konnte, und viertens das Desinteresse an einer Überprüfung der Flüchtlinge." (330) Er zeigt unterschiedliche Phasen der Entnazifizierung auf. Die erste Phase war in Mecklenburg-Vorpommern bereits Ende 1945 mit der Entlassung praktisch aller "Pgs" (Parteigenossen) aus dem öffentlichen Dienst abgeschlossen; die zweite Phase von 1948 hatte dagegen eher eine außenpolitische Alibi-Funktion. In dem beobachteten Zeitraum stellt Melis weiterhin fest, daß der Antifaschismus immer mehr zu einer identitätsstiftenden Ideologie uminterpretiert wurde. So nahmen die Aktivitäten im Rahmen der Entnazifizierungen immer mehr den Charakter von "in anderen 'Volksdemokratien' und kommunistischen Parteien als Herrschaftstechnik üblichen 'Säuberungen'" (321) an. Seine Erkenntnisse stützt der Autor auf umfangreiche Archivstudien in Mecklenburg-Vorpommern. Inhaltsübersicht: I. Auferstanden aus Ruinen - Chaos und Verwaltungsbruch; II. Aufbruch in die Normalität: 'Kaderverwaltung' und Reintegration; III. Die Neuauflage der Entnazifizierung.