Hinsichtlich der deutschen Vergangenheit wähnte sich die DDR auf der guten Seite: als das "andere Deutschland" und "Erbe des antifaschistischen Kampfes" wies der Staat jegliche Verantwortung für die nationalsozialistische Vergangenheit von sich. Diesem Duktus hatte sich auch die historische Forschung und Geschichtspropaganda der DDR zu unterwerfen. Käppner vollzieht die Entwicklung der vorhandenen Holocaust-Forschung in der DDR nach und stellt eine Bewertung in den Bezugsrahmen, dem sich auch die Forschung unterordnete. Dieser war jahrzehntelang von der Dimitroff-Formel geprägt, die den Faschismus als terroristische Diktatur der reaktionärsten und imperialistischsten Kräfte des Finanzkapitals verstand. Käppners vorrangige Frage lautet dementsprechend: "Wie gelang es der DDR-Geschichtswissenschaft, den Holocaust im Rahmen der selbstauferlegten Faschismusinterpretation (nach Dimitroff) zu erklären? [...] Ziel ist [es ...], die Arbeit der DDR-Historiker vor dem Hintergrund ihrer Zeit und ihres geschlossenen Gesellschaftssystems zu verstehen und insbesondere zu prüfen, welche Freiräume ihnen zur Verfügung standen und wie sie diese [...] nutzten." (17) Käppner geht dabei auf einzelne Entwicklungen ein und erörtert diese detailliert anhand von Archivmaterial. Er zeigt, wie historische Forschung anfangs noch relativ frei erfolgte, jedoch mehr und mehr unter dem Druck der Ideologie stagnierte und die Holocaustforschung mit der allgemeinen Entwicklung der Fachwissenschaft nicht mehr mithalten konnte. Damit erarbeitet er nicht nur Forschungsgeschichte, sondern auch ein Stück DDR-Geschichte.