/ 05.06.2013
Hans Ulrich Kempski
Um die Macht. Sternstunden und sonstige Abenteuer mit den Bonner Bundeskanzlern 1949 bis 1999
Berlin: Alexander Fest Verlag 1999; 409 S.; geb., 48,- DM; ISBN 3-8286-0035-2Anläßlich des 50. Geburtstages der Bundesrepublik schöpft der bekannte Berichterstatter der Regierungsszene aus seinem reichhaltigen Erinnerungsfundus. Seit 1949 hat Kempski als Chefreporter und später als Sonderkorrespondent für die Süddeutsche Zeitung das politische Geschehen in großer Nähe zu den verschiedenen Bundeskanzlern verfolgt. Entstanden ist ein Kanzlerbilderbuch, das nur mit wenigen Fotos garniert wird. Sie sind auch nicht nötig, denn Kempski zeichnet seine Bilder in einer sehr schlichten, aber überaus anschaulichen Sprache. Als genauer Beobachter vermeintlich unwichtiger Details und souveräner Erzähler wichtiger Zusammenhänge verhilft er dem Leser in seinen Reportagen zu genau der Nähe zu den beschriebenen Bundeskanzlern, in der er sich Zeit seines Arbeitslebens befunden hat. Immer wieder fließen auch distanzierte Analysen der politischen Strukturen ein, wie bei den Faktoren für Adenauers Kanzlerdemokratie (54 f.).
Den besonderen Reiz des Bandes machen die Stimmungsbilder und Plaudereien aus dem Nähkästchen aus, wie die Aussage über Kohl, den er 1997 für ein paar Wochen auf Reisen durch Deutschland begleitet hat: "Was Helmut Kohl beim Kampf um die Macht immer wieder motiviert und seine Kräfte ankurbelt, das hat er mir beim Heimflug im Hubschrauber verraten: 'Es reizt mich, daß die mich begraben wollen'" (378). Wie verlockend die Nähe zur Macht auch für einen politischen Beobachter sein kann, zeigt dieses Beispiel: Nach dem Erfolg bei der Bundestagswahl im September 1969 waren es Kempski und ein Bonner Journalistenkollege, die in der Nacht den unwillig brummelnden Wehner dazu bewegt hatten, bei Brandt anzurufen und diesem seine Rückendeckung für eine Regierungsbildung mit der FDP anzubieten. Darüber hinaus habe Kempski Brandt noch einen anfeuernden Zettel zugesteckt mit den Worten: "Jetzt oder nie". Kempski habe sich jedoch nicht, wie es zwischenzeitlich behauptet worden war, für den Schöpfer der Koalition gehalten (144 f.).
Inhalt: "Warum, Herr Bundeskanzler?"; 1. Mit Adenauer in Moskau; 2. Auf der Siegerstraße; 3. Der lange Abschied; 4. Ludwig Erhard, der Volkskanzler; 5. Kurt Georg Kiesinger und die Große Koalition; 6. Aufbruch nach Osten; 7. "Willy wählen"; 8. Der Kanzlersturz; 9. Selbstgefühl als Staatskunst: Helmut Schmidt; 10. Im Rausch der letzten Runde; 11. Zeitenwende; 12. Der Kanzler der Einheit; 13. "Noch einmal die ganz große Schlacht"; 14. Als Sieger aufwachen.
Stefan Lembke (SL)
M. A., Politikwissenschaftler.
Rubrizierung: 2.3 | 2.331 | 2.313 | 2.322
Empfohlene Zitierweise: Stefan Lembke, Rezension zu: Hans Ulrich Kempski: Um die Macht. Berlin: 1999, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/8059-um-die-macht_10657, veröffentlicht am 01.01.2006.
Buch-Nr.: 10657
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M. A., Politikwissenschaftler.
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