Derzeit leben wir in Europa in einer „glaubensleeren Zeit – in einer Gesellschaft, die kein Leitbild hat, auf das sie sich gemeinsam ausrichten könnte“ (31). Einer Gesellschaft ohne Leitbild drohe aber der Zerfall und das Aufkommen neuer politischer oder religiöser Fundamentalismen, fürchtet der Wittenberger Theologe Schorlemmer. Daher sei der Westen aufgefordert, das Verhältnis zwischen Religion und Politik neu zu klären. Dabei sollte sowohl der Einzelne als auch die Gesellschaft in die Verantwortung genommen werden. Heute Christ zu sein heißt für Schorlemmer „Zeuge zu sein, und Zeugnis zu geben – an den Brennpunkten der Zeit“ (54). Christen und Kirchen sollten jede Politik fördern, die sich in der globalisierten Welt „für mehr Gerechtigkeit, sozialen Ausgleich und weniger Armut einsetzt“ (53) und alle diejenigen unterstützen, die gewaltfreie und auf den Menschenrechten basierende Politikansätze verfolgen. Ein aufgeklärtes Christentum müsse im Konflikt zwischen verschiedenen religiösen Wahrheitsansprüchen Toleranz und Dialog einüben und jedem Fundamentalismus entgegentreten.