Kernbestand dieses Bandes sind 19 Briefe, die Wehner und Reimann zwischen dem 10. Februar und dem 17. Oktober 1946 miteinander gewechselt haben. Hieran schließen sich einige weitere Briefe an, sowie ein Vorwort von Weber (7-22) und ein Essay von Reimann: "Nachdenken über Herbert Wehner" (139-149), der Distanz und Nähe, Kritik und Übereinstimmung auch aus heutiger Sicht des Autors deutlich werden läßt. Wehner bedarf nicht der Vorstellung, aber Reimann, der laut Klappentext heute noch in New York lebt (geb. 1904), dürfte weniger bekannt sein. Der KP-Funktionär löste sich schon früh von der Partei, nachdem Stalins Beherrschung auch der deutschen KP sichtbar wurde. 1933 gründete er eine Widerstandsgruppe und emigrierte noch im gleichen Jahr, um 1938 über England in die USA zu gehen. Die Briefe selbst umfassen Persönliches wie Politisches, aber in ihren wichtigsten Abschnitten bieten sie die scharfsinnige Analyse des totalitären Stalinismus, dessen Methoden die beiden abtrünnigen Exfunktionäre auch nach Kriegsende und auch in Deutschland alarmiert erkennen. Ihre Skepsis reicht so weit, daß sie in der Politik Stalins schon 1946 die Gefahr eines neuen Weltkrieges erkennen zu müssen glauben. Dies alles ist faszinierend, gerade mit Blick auf die Entwicklung der Totalitarismustheorie. Wenn ein Resultat dieser kleinen Veröffentlichung ist, in Deutschland das Interesse für die einschlägigen Schriften von Reimann (die hier zum Teil erwähnt werden) zu wecken, dann wäre dies ein guter Nebeneffekt.