Den 70er-Jahren wird gegenwärtig in der Geschichtswissenschaft ein Großteil der Aufmerksamkeit geschenkt, aber auch die 80er- und 90er-Jahre rückten in den letzten Jahren immer stärker in den Blick der Zeithistoriker. Doering-Manteuffel und Raphael verstehen Zeitgeschichte als eine Problemgeschichte, bei der es gilt, Erkenntnisse über die Entstehungsbedingungen der Gegenwart zu ermitteln. Die Autoren werfen einen Blick auf die drei Jahrzehnte seit 1970, die als eine Übergangsphase nach dem Boom der beiden Nachkriegsjahrzehnte verstanden werden können. Seit den 70er-Jahren haben sich neue Produktions- und Wirtschaftsregime (digitaler Finanzmarkt-Kapitalismus) entwickelt, gleichzeitig sind soziale Ungleichheiten immer sichtbarer und größer, Arbeitswelten flexibler und fragmentierter geworden. Vor allem aber habe sich eine neuartige Exklusionszone von Armut und sozialer Marginalität herausgebildet. Die Zeit nach 1970 betrachten Doering-Manteuffel/Raphael als einen Strukturbruch, „der sozialen Wandel von revolutionärer Qualität mit sich gebracht hat“ (10). Die Autoren arbeiten die kennzeichnenden Merkmale westeuropäischer Industriegesellschaften heraus. Dabei liegt die erkenntnisleitende Annahme zugrunde, dass die Zeit vor dem Strukturbruch als eine Zeit zu betrachten ist, „deren politökonomische Normen und kulturelle Orientierungsmuster spätestens seit dem Ende der 1970er Jahre keine selbstverständliche Ordnungskompetenz mehr aufweisen“ (11). Die Autoren nehmen drei unterschiedliche Blickwinkel ein: Sie betrachten im ersten Teil den Wandel der leitenden Ordnungsmuster und analysieren die Wechselwirkungen zwischen ökonomischen Prozessen und politischen Leitideen. Anschließend skizzieren sie die unterschiedlichen sozialwissenschaftlichen Diagnosen des Wandels, um abschließend Forschungs/index.php?option=com_content&view=article&id=41317 und Fragestellungen der zeitgeschichtlichen Forschung zu betrachten. Das Buch stellt eine hervorragende Einführung und einen wertvollen Leitfaden für die zeithistorische Forschung dar.